Nachruf auf Ueli Steck
Per aspera ad astra
Durch das Raue zu den Sternen – Abschied von Ueli Steck
Seine Professionalität und sein immenses Können, gepaart mit unglaublicher Schnelligkeit, formten ihn zu einem Alpinisten, der die schwersten Routen in Fabelzeiten durchstieg und Gipfel aneinander reihte, die die Vorstellungskraft der allermeisten sprengte. Und sein Pflichtgefühl gegenüber Sponsoren wie der Öffentlichkeit machten ihn zum beständigsten, präsentesten aktiven Bergsteiger der Neuzeit. Stets trat er an, um Grenzen zu verschieben, Maßstäbe zu verändern, Rekorde zu brechen. In der Wahrnehmung unserer Leistungsgesellschaft wollte man ihn oftmals gerne darauf reduzieren. Doch wer Ueli Steck näher kennen lernen durfte, begriff sofort, wie weit dieser feinsinnige, zurückhaltende Mensch entfernt war von der kalten, rücksichtslosen Klettermaschine, die seine Neider in ihm zu sehen glaubten. In Wahrheit lebte Ueli Steck das, was Alpinismus im Kern ausmacht: innere Reifung durch die Herausforderungen am Berg – die Suche nach Abenteuern, die Neugier auf Unbekanntes. Und die Auseinandersetzung mit sich und der selbst gesetzten Aufgabe, draußen, in der gewaltigen Urnatur des Hochgebirges, im ganzen Spektrum des Alpinismus, vielfach allein! Immer wieder aufs Neue das Leben gewinnen. Ein schmaler Grat, den nur diejenigen akzeptieren, die die Intensität dieses Daseins kennen und verstehen. Ein Schritt auf die andere Seite ist dabei nie auszuschließen. Wie am Nuptse Ende April 2017!
Ueli Steck wird fehlen. Dem Alpinismus, seinen Freunden, vor allem aber seinen Angehörigen. Mit ihnen trauern wir. Ihnen gehört unsere ganze Anteilnahme, unser tief empfundenes Mitgefühl.
Kurzportrait – Ueli Steck
Geb. am 4. April 1976 in Langnau (Emmental, Schweiz); gest. am 30. April 2017 bei einer Erkundungstour am Mt. Everest bzw. Nuptse.
Steck machte sich mit schwierigen Erstbegehungen einen Namen: u.a. „The Young Spider“ (Eiger-Nordwand, 2001), wo ihm 2006 zugleich die erste Solo-Winterbegehung gelang, oder der 1. Begehung der Tengkampoche-Nordwand in Nepal, im alpinen Stil (6.500 m, 2008), für die er mit dem Piolet d’Or geehrt wurde. Der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Steck vor allem durch seine Solo-Speed-Begehungen, oft in Rekordzeit, u.a. in der Matterhorn-, der Grandes Jorasses- (2008), speziell aber der Eiger-Nordwand: 2007: 3.54 Std., 2008: 2.44 Std., 2015: 2.22 Std.! An der Annapurna (8.091 m) gelang ihm 2013 die erste Solobegehung der Südwand, die ihm erneut den Piolet d’Or einbrachte, und nicht zuletzt konnte Steck 2015 innerhalb von nur 62 Tagen alle 82 Viertausender der Alpen besteigen, dabei auf jede Art motorisierter Fortbewegung von Berg zu Berg verzichtend.